Im College hörte er erstmals die Schallplatten des SaxophonistenLee Konitz und der „Lennie-Tristano-Schule“: „Zum ersten Male erlebte ich, dass ich Jazz hörte, der nicht durch Osmoseerlernt war, sondern den Versuch unternahm, etwas [Neues] zu schaffen“.
In seinen Klaviertriosmachte er Bass und Schlagzeug von Begleitern zu gleichberechtigten Partnern. Neben seinem ersten Trio (1958–1961) mit Scott LaFaro und Paul Motian wird vor allem seine letzte Formation (1978–1980) mit Marc Johnson und Joe LaBarbera als Höhepunkt dieses Zusammenspiels gesehen.
Zu seinem Spiel im Trio und anderen Gruppen äußerte sich Evans selbst so:
„Wenn ich mit einer Gruppe spiele, muss ich selbstverständlich Rücksichten nehmen, denn niemand von diesen Musikern kann ahnen, was mir in den Sinn kommt – vielleicht die Tonart zu wechseln oder den Rhythmus zu verändern. Da bedarf es wirklich eines gemeinsamen Bezuges, damit eine musikalische Einheit entsteht. Dabei muss die innere Freiheit keineswegs auf der Strecke bleiben. Es verstärkt sie sogar.“
In seinem Interview mit Marian McPartland 1978 äußerte er dazu:
Marian McPartland: „Im Trio haben alle Mitglieder erstaunlich viele Freiräume – ist das nun die Ausgangsbasis für euer Gruppenspiel?“
Bill Evans: „Ja, ich gebe ihnen diese Freiheit, damit sie mit ihr verantwortungsbewusst umgehen – mit dem Ziel eines optimalen musikalischen Ergebnisses.Es kann nur so funktionieren, denn ich will auf keinen Fall autoritär sein – sie brauchen die eigene Verantwortung.“
1956
mit Teddy Kotick (Bass), Paul Motian (Drums)
1958
mit Sam Jones (Bass), Philly Joe Jones (Drums)
1959
mit Paul Chambers (Bass), Philly Joe Jones (Drums)
1960–1961
mit Scott LaFaro (Bass), Paul Motian (Drums)
1962
mit Chuck Israels (Bass), Paul Motian (Drums)
1962
mit Monty Budwig (Bass), Shelly Manne (Drums)
1963–1965
mit Chuck Israels (Bass), Larry Bunker (Drums)
1964
mit Gary Peacock (Bass), Paul Motian (Drums)
1966
mit Chuck Israels (Bass), Arnold Wise (Drums)
1966
mit Eddy Gomez (Bass), Shelly Manne (Drums)
1967
mit Eddy Gomez (Bass), Philly Joe Jones (Drums)
1968
mit Eddy Gomez (Bass), Jack DeJohnette (Drums)
1968–1974
mit Eddy Gomez (Bass), Marty Morell (Drums)
1976–1977
mit Eddy Gomez (Bass), Eliot Zigmund (Drums)
1978
mit Michael Moore (Bass), Philly Joe Jones (Drums)
1979–1980
mit Marc Johnson (Bass), Joe LaBarbera (Drums)
Ab dem Herbst 1946 besuchten Bill und Harry Evans das Southeastern Louisiana College in Hammond (Louisiana), das die Eltern wegen des guten Lehrprogramms für Musikstudenten ausgewählt hatten. Dort begann Evans, sich für afroamerikanische Musik zu interessieren. Später betrachtete Bill Evans diesen Abschnitt als einen der erfreulichsten in seinem Leben:
„Ich war damals ganz auf mich allein gestellt, und Louisiana machte wirklich Eindruck. Vielleicht war es die gelassene Art, wie die Leute dort lebten – die Dinge bewegten sich sehr gemächlich. Das übertrug sich schließlich auch auf mich. Es gab einen gewissen freizügigen Lebensstil, ganz anders als der im Norden. Das Verhältnis zwischen Schwarzen und Weißen war freundlich, oft gar vertraulich.
Miles Davis hatte den Pianisten in der Formation von George Russellerlebt und war von ihm sehr beeindruckt. „Sein Anschlag, sein harmonisches Gefühl und die Lyrik seines Spiels war schon vielen Musikern aufgefallen. Außerdem interessierten ihn die Erweiterungen des harmonischen Horizonts,mit denen sich Miles und Russell beschäftigten; er selbst war auf diesem Gebiet ebenfalls aktiv“. Nachdem er ihn engagiert hatte, schwärmte er:
„Boy, ich lerne eine ganze Menge von Bill Evans. Er spielt das Klavier so, wie man es spielen soll. Er spielt alle Arten von Skalen, er spielt im 5/4 Takt und kann alle möglichen phantastischen Dinge. Es ist so ein Riesenunterschied zwischen ihm und Red Garland (…). Red trägt denRhythmus, aber Bill unterspielt ihn, und das gefällt mir besser.“ – Miles Davis
Aus Wertschätzung für seinen ersten Produzenten Orrin Keepnews begann Evans 1973 – nach zwei Alben für Columbia Records1971/72 (The Bill Evans Album und Living Time) – seine Zusammenarbeit mit Fantasy Records. Das Jahr 1974 bedeutete für ihn persönliche Veränderungen: Nach dem Tod seiner ersten Frau Ellaine im Jahr 1972 heiratete er Nenette Zazarra, und 1975 wurde sein einziger Sohn Evan geboren, der später als Filmkomponist und Orchestrator in Hollywood-Studios arbeitete. Die Eltern trennten sich wenige Jahre später.
Für einMPS-Album (Symbiosis) arbeitete er erneut mit Claus Ogerman zusammen. 1975 nahm er ein Album mit dem Sänger Tony Bennett auf, u. a. mit einer Version des Standards My Foolish Heart. In seinen letzten Lebensjahren, in denen er fast drei Viertel der gesamten Zeit auf Tournee war, bildete er mit Joe LaBarbera und Marc Johnson ein Trio, mit dem er u. a. einen letzten Auftritt im Village Vanguard absolvierte.
Zu Beginn einer mehrwöchigen Tour des Trios durch den Nordwesten der USA im Frühjahr 1979 erfuhr Evans vom Suizid seines Bruders Harry. Die Nachricht erschütterte ihn zutiefst, und ein Teil der Konzerte musste abgesagt werden. Marc Johnson erinnerte sich später:
„Diese schicksalhafte Reise markiert […] den Anfang vom Ende. Bills Bereitschaft zu spielen und zu arbeiten nahm nach dem Tod von Harry spürbar ab, ja eigentlich hielt ihn nur die Musik selber aufrecht. Er nahm seine Verpflichtungen wahr, denn er brauchte Geld, aber das waren auch schon die wenigen Momente in seinem Leben, in denen er sich wohl fühlte – die Zeiten dazwischen müssen deprimierend gewesen sein; er zeigte kaum noch sichtbaren Lebenswillen.“
Evans hatte zeitlebens eine schwache Gesundheit, welche durch seine Drogenprobleme weiter geschwächt wurde. In der Zeit bei Miles Davis war er heroinsüchtig; die Sucht bekam er zwar Anfang der 1970er Jahre in den Griff, nahm aber weiter Kokain und andere Drogen. Er starb schließlich an den kumulierten Folgen seiner Suchtvergangenheit – durchgebrochene Magengeschwüre, Leberzirrhose infolge jahrzehntelanger Hepatitis und Lungenentzündung.
Vier Tage nach seinem Tod fand in der St. Peter’s Church an der Lexington Avenue, der traditionellen Andachtskirche für New Yorks Jazzszene, eine Gedenkfeier statt, an der Musiker wie Richie Beirach, Eddie Gomez, Jim Hall, Barry Harris, Jeremy Steig und Warne Marsh sowie Helen Keane und Nat Hentoffteilnahmen. Lee Konitz intonierte Gordon Jenkins’ Goodbye. Parallel organisierte der in San Francisco lebende frühere Evans-Produzent Orrin Keepnews eine Gedenkveranstaltung in der Great American Music Hall. Helen Keane schrieb in ihrem Nachruf:
„Er war eine reine, schöne Seele. Selbst als er sich in der schlimmsten privaten Qual befand, gab er der Welt bis zum Ende Schönheit. So sollten wir uns an ihn erinnern.“
– Helen Keane:inHanns E. Petrik: Bill Evans – Sein Leben, Seine Musik, Seine Schallplatten.
Für seinen Bassisten Chuck Israels liegt Evans’ größter Beitrag im Rahmen der Jazz-Entwicklung „in der kreativen Nutzung traditioneller Techniken“, wie in seinem Legato-Spiel und „dem kunstvoll erarbeiteten, an Chopin angelehnten, linearen Aspekt seiner Harmonik“.
Hinzu kommen seine strukturellen Einschübe, die an Rachmaninow, Liszt und Debussy erinnern würden. SeinePhrasierungen und die Rhythmik lägen in einer Tradition begründet, die von Charlie Parker ausgehe, „seine Phrasen begannen und endeten zu immer wechselnden Zeitpunkten, oft sogar die Grenzen zwischen den einzelnen Sektionen des Stückes überschreitend.“
(* 29. April1947 in Lörrach) ist ein deutscher Jazzbassist und Musikjournalist. Besondere Bekanntheit erlangte er durch sein beim Rowohlt-Verlag erschienenes rororo Jazz-Lexikon, das heute als deutschsprachiges Standardwerk zu dieser Musikrichtung gilt.
Martin Kunzler kam als Jüngster von sechs Geschwistern in Lörrach zur Welt und ging auf dasHans-Thoma-Gymnasium und Wirtschaftsgymnasium in Lörrach. Ab 1960 nahm er Kontrabass-Unterricht bei Chester Gill, und ab 1964 folgte ein Kontrabassstudium bei Michel Delannois sowie Musiktheorie bei Gerd Watkinson in Basel. Nach seiner Heirat und der Geburt seines Sohnes Claudio absolvierte Kunzler von 1966 bis 1968 ein Volontariat als Zeitungsredakteur im Oberbadischen Verlagshaus in Lörrach, danach war er bis 1969 dort Redakteur und Feuilleton-Korrespondent des Schwarzwälder Boten. Im Jahr 1967/68 hatte er zudem einen Lehrauftrag an der Pädagogischen Hochschule Lörrach in den Fächern Kontrabass und Werkstatt Neue Musik.
oben:KHW Trio. Es besteht aus den Musikern Harald Kimmig, Violine, Sascha Henkel, E-Gitarre und Christian Weber Kontrabass. Die Musik des Trios entsteht durch freie Improvisation – im Spannungsfeld zwischen individuellem Ausdruck der einzelnen Musiker, der Fähigkeit zu spontaner musikalischer Kommunikation untereinander und dem Gesamtklang des resultierenden musikalischen Prozesses. Die Musik ist tief in den jeweiligen musikalischen Hintergründen und Prägungen verwurzelt, die musikalischen Erfahrungen der Musiker nähren sich aus unterschiedlichsten Quellen. Die jeweils um ein Jahrzehnt versetzten Geburtsjahre spielen dabei sicher ebenso eine Rolle, wie die diversen musikalischen Szenen und klanglichen Forschungsgebiete, in denen die drei Musiker aktiv waren und sind.
Das KHW Trio hat bereits in seinen ersten 6 Monaten seine eigene Sprache formuliert und präzisiert. Im Zentrum der Musik steht eine klangliche Synthese, die durch aktives, intensives Hören und Musizieren entsteht.